Barrierefreiheit ist ein Thema, dem in verschiedenen Arten öffentlicher Räume schon jetzt eine wichtige Bedeutung beigemessen wird. In einem jedoch noch nicht: dem Internet. Das soll sich im Juni dieses Jahres ändern – dann nämlich tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft, welches auch für Websites, Shops und digitale Anwendungen weitreichende Folgen haben könnte. Die gute Nachricht: Wer sich frühzeitig damit auseinandersetzt, kann das Thema nicht nur gesetzeskonform umsetzen, sondern daraus auch konkrete Vorteile für SEO, Sichtbarkeit und Nutzererlebnis ziehen. Wie? Damit beschäftigen wir uns in diesem Beitrag!
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (kurz: BFSG) basiert auf der EU-Richtlinie 2019/882, dem sogenannten European Accessibility Act. Ziel ist es, die Teilhabe aller Menschen am digitalen Leben zu sichern – insbesondere von Menschen mit Behinderungen. Dafür verpflichtet das Gesetz Unternehmen, bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei bereitzustellen.
Im Zusammenhang mit der Netzwelt bedeutet Barrierefreiheit, dass sämtliche digitalen Angebote so gestaltet sein müssen, dass sie von allen Menschen uneingeschränkt genutzt werden können – unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen, Alter oder technischer Ausstattung. Dazu zählen unter anderem Websites, Online-Shops, mobile Apps, E-Books, Telekommunikations- und Bankdienstleistungen sowie digitale Terminals wie Fahrkartenautomaten oder Kassensysteme. Das betrifft nicht nur die Darstellung, sondern auch die Bedienbarkeit, Verständlichkeit und technische Kompatibilität von Websites und Anwendungen. Kleine Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro sind von der Umsetzungspflicht ausgenommen. Für alle anderen gilt: Es muss gehandelt werden. Und zwar bis spätestens 28. Juni 2025.
SEO und Barrierefreiheit: Vorbereitung auf die Umstellung
Wer seine Website auf Barrierefreiheit prüfen möchte, sollte nicht nur technische Anforderungen im Blick haben, sondern die Seite als Ganzes analysieren. Es geht darum zu verstehen, ob Nutzer Inhalte auch ohne Maus bedienen können, ob Bilder mit sinnvollen Alt-Texten versehen sind oder ob Struktur und Kontrastverhältnisse auch für Menschen mit Einschränkungen funktionieren. Viele Punkte, die das BFSG notwendig machen, gehören schon zum Grundrepertoire einer guten Suchmaschinenoptimierung, sodass fleißige SEOs hier nicht mehr allzu viel zu tun haben sollten. Bei der Überprüfung helfen Tools wie Lighthouse, WAVE oder Axe, die erste Hinweise auf Schwachstellen geben. Viel wichtiger aber ist ein ganzheitlicher Blick: Arbeiten Developer-, Design- und Redaktionsteams Hand in Hand? Sind Inhalte verständlich und interaktive Elemente auch mit Tastatur oder Screenreader nutzbar? Nur wenn das gesamte Team ein gemeinsames Verständnis von Accessibility entwickelt, kann die Umsetzung nachhaltig gelingen.
Was muss auf der Website konkret angepasst werden?
Barrierefreiheit bedeutet nicht nur, dass eine Website „irgendwie“ nutzbar, sondern für alle Menschen zugänglich und verständlich ist, unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen. Damit das gelingt, verlangt das BFSG konkrete Anpassungen auf technischer, gestalterischer und inhaltlicher Ebene. Grundlage ist die EU-Norm EN 301 549, die auf den international anerkannten WCAG 2.1 (Level AA) basiert.
Folgende Punkte müssen auf Websites, die unter das Gesetz fallen, umgesetzt werden:
Inhalte müssen wahrnehmbar sein:
- Alternativtexte für Bilder: Jede grafische Darstellung benötigt einen sinnvollen Alt-Text, damit Screenreader den Inhalt erfassen können.
- Kontraste und Lesbarkeit: Text und Hintergrund müssen sich ausreichend unterscheiden – empfohlen sind Kontrastverhältnisse von mindestens 4,5:1.
- Textalternativen für Multimedia: Videos benötigen Untertitel oder ein Transkript, Audioinhalte sollten ebenfalls schriftlich zugänglich sein.
- Skalierbarkeit von Texten: Schriftgrößen müssen sich ohne Funktionsverlust auf mindestens 200% vergrößern lassen.
Inhalte müssen bedienbar sein:
- Tastaturzugänglichkeit: Die komplette Website – inklusive Menüs, Formulare und interaktiver Elemente – muss ohne Maus bedienbar sein.
- Fokusführung: Der aktuelle Navigationsfokus (z. B. auf Buttons) muss deutlich erkennbar sein.
- Vermeidung von Zeitdruck: Bei zeitlich begrenzten Aktionen (z. B. Formularen) muss es Hinweise oder Verlängerungsmöglichkeiten geben.
- Konsistente Navigation: Wiederkehrende Elemente wie Hauptmenüs oder Fußbereiche sollen überall gleich funktionieren.
Inhalte müssen verständlich sein:
- Klare Sprache: Texte sollten einfach formuliert sein und auf (überflüssige) Fachbegriffe möglichst verzichten.
- Vorhersehbares Verhalten: Interaktionen müssen nachvollziehbar sein – z. B. dürfen sich Seiten nicht unerwartet verändern oder automatisch neu laden.
- Hilfestellungen in Formularen: Fehler- und Hinweistexte müssen klar und verständlich sein und Nutzer durch den Prozess führen.
Inhalte müssen technisch robust sein:
- Valider Code: Die Website sollte nach aktuellen Standards (z. B. HTML5) sauber codiert und barrierefrei strukturiert sein.
- Kompatibilität mit Hilfstechnologien: Screenreader, Sprachausgabe-Tools oder andere unterstützende Technologien müssen alle relevanten Inhalte erfassen können.
- Responsives Design: Inhalte müssen auf unterschiedlichen Bildschirmgrößen und Geräten zuverlässig funktionieren.
Pflicht: Barrierefreiheitserklärung
Laut BFSG ist eine Barrierefreiheitserklärung auf der Website Pflicht. Diese muss:
- den Stand der Barrierefreiheit offenlegen,
- bekannte Einschränkungen nennen,
- eine Möglichkeit zur Rückmeldung bieten,
- und erklären, wie Betroffene Unterstützung erhalten können.
Das BFSG als SEO-Boost – deshalb lohnt sich die Umsetzung doppelt!
Wie weiter oben bereits erwähnt, werden im Zuge einer ganzheitlichen Suchmaschinenoptimierung Punkte anvisiert, welche die Barrierefreiheit verbessern. Viele der gesetzlichen Anforderungen entsprechen längst bekannten Best Practices: Alt-Texte sorgen nicht nur für barrierefreie Bildbeschreibungen, sondern verbessern auch die Auffindbarkeit über die Google-Bildersuche. Eine saubere HTML-Struktur erleichtert Screenreadern das Erfassen der Inhalte – und Suchmaschinen gleich mit. Wer auf eine problemlose Tastaturnavigation und klare Fokusführung achtet, sorgt für eine bessere User Experience, was sich wiederum in niedrigeren Absprungraten widerspiegelt.
Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die sogenannte Page Experience, die Google mittlerweile als offiziellen Ranking-Faktor einstuft. Websites, die mobil gut nutzbar sind, schnell laden und visuell stabil bleiben, schneiden im Ranking besser ab. Genau diese Punkte werden auch durch ein barrierefreies Webdesign adressiert. Wer sich also an die Anforderungen des BFSG hält, verbessert ganz nebenbei Ladezeit, Struktur und Nutzerfreundlichkeit seiner Seite.
Ein weiterer Vorteil: Barrierefreie Websites erreichen mehr Menschen. Nicht nur Personen mit körperlichen oder mentalen Einschränkungen profitieren davon; auch ältere Nutzer, mobile Besucher mit schlechter Netzverbindung oder Nutzer mit geringem Technikverständnis erfahren durch die Anpassung einen nennenswerten Vorteil. Eine bessere User Experience für alle sorgt nicht nur für mehr Reichweite, sondern auch für stärkere Nutzerbindung und nachhaltiges Wachstum.
BFSG: So gelingt die Umsetzung in der Praxis
Ein strukturierter Umsetzungsprozess ist der Schlüssel zur erfolgreichen Integration von Barrierefreiheit in bestehende Systeme. Ausgangspunkt ist eine umfassende Bestandsaufnahme: Welche digitalen Angebote und Inhalte sind betroffen? Wie sieht der aktuelle Zustand aus – technisch, visuell und inhaltlich?
Anschließend lohnt sich ein Abgleich mit den Anforderungen der WCAG 2.1 (Level AA). Das ist der Standard, der laut BFSG erfüllt sein muss. Mit den richtigen Tools lassen sich Accessibility-Reports erstellen, die einen Überblick über technische und strukturelle Schwächen geben.
Besonders wichtig ist die inhaltliche Prüfung: Sind Texte verständlich geschrieben? Werden Bilder sinnvoll beschrieben? Sind Videos untertitelt? Barrierefreiheit beginnt beim Content – und genau hier treffen sich Accessibility und SEO auf Augenhöhe. Nach der Optimierung empfiehlt es sich, die Ergebnisse gemeinsam mit betroffenen Personen zu testen und anschließend eine Barrierefreiheitserklärung auf der Website zu veröffentlichen.
Häufige Fehler – und wie du sie vermeidest
Bei der Umsetzung des BFSG kann es schnell passieren, dass man sich zu sehr auf Tools und Checklisten verlässt. Doch Barrierefreiheit ist kein reines Technikthema. Es betrifft gleichermaßen Inhalt, Design und UX – und damit unterschiedliche Teams. Wer das Thema nur punktuell angeht oder gar als „einmalige Maßnahme“ betrachtet, übersieht das eigentliche Ziel: eine dauerhaft zugängliche, nutzerfreundliche digitale Umgebung.
Ein häufiger Fehler ist zudem, keine klaren Zuständigkeiten zu definieren. Accessibility muss im Unternehmen verankert sein, mit konkreten Verantwortlichen, regelmäßigen Reviews und dem Verständnis, dass Barrierefreiheit ein laufender Prozess ist. Genau wie SEO ist auch sie nichts, was man einmal „fertig“ hat.
Barrierefreiheit: Dein Wettbewerbsvorteil im digitalen Marketing
Barrierefreiheit sollte nicht nur als gesetzliche Pflicht verstanden werden, sondern auch als Chance. Wer heute barrierefrei denkt, optimiert automatisch für mehr Sichtbarkeit, bessere Rankings und ein inklusives Nutzererlebnis. Besonders für Webdesigner:innen, SEOs und digitale Strateg:innen lohnt sich der Blick auf das BFSG doppelt: Die Maßnahmen verbessern die technische Grundlage, erweitern die Zielgruppe und stärken das Vertrauen in die Marke.
Accessibility zahlt auf alle zentralen Ziele im Online-Marketing ein: Reichweite, Performance, Conversion. Wer jetzt investiert, schafft die Basis für eine zukunftssichere, sichtbare und inklusive Webpräsenz – und hebt sich deutlich von der Konkurrenz ab.
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